Einmal pro Woche, für 60 Minuten, trifft Finn auf seine leiblichen Eltern.Ein fester Bestandteil im Pflegeverhältnis.Ein Treffen, das auf dem Papier gut gemeint ist, und doch in der Realität eine emotionale Achterbahnfahrt bedeutet. Für Finn ist dieser Termin kein freudiges Wiedersehen. Schon beim Betreten des Raumes spürt man seine Anspannung.
Er beginnt zu weinen, nicht erst nach dem Kontakt, sondern oft schon mittendrin. Sein kleiner Körper wird steif, sein Muskeltonus steigt ins Unermessliche. Er verkrampft, als wolle er sich schützen, vor etwas, das er selbst vielleicht gar nicht benennen kann. Nach dem Besuch ist nichts mehr, wie es war. Finn zieht sich zurück. Er verweigert das Essen, selbst seine heißgeliebten Kekse rührt er nicht an. Für zwei, manchmal sogar drei Tage ist da ein kleiner Junge, der mit seinen Gefühlen kämpft, der nicht versteht, was da mit ihm passiert, und warum. Und während für Außenstehende diese Umgänge vielleicht wie ein wichtiges Ritual wirken, erleben wir sie als das, was sie für Finn gerade sind: eine Überforderung. Ein Kind im emotionalen Ausnahmezustand. Zerrissen zwischen Eindrücken, Gerüchen, Stimmen, und der Frage: Wo gehöre ich eigentlich hin? Wir sind während der Umgänge immer an Finn’s Seite. Wir halten ihn. Tragen seine Tränen. Geben ihm Halt, so gut wir nur können. Aber wir sehen, wie schwer es ihm fällt, all das zu verarbeiten. Und so sehr wir uns wünschen, dass Finn mit sich und seiner Geschichte Frieden schließen kann, wir wünschen uns noch mehr, dass seine Bedürfnisse endlich gehört werden. Denn was für Erwachsene wie ein kleiner, kontrollierter Besuch aussieht, ist für Kinder oft ein emotionaler Tornado, dessen Folge noch lange nachhallt.
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