Der Weg, Pflegemutter zu werden, ist kein einfacher. Und das ist auch gut so.
Nach dem ersten Gespräch am 7. Dezember 2023 folgten mehrere Termine und jeder einzelne davon ein kleines Puzzlestück auf dem Weg zu etwas Großem.
Am 9. Februar 2024 um 10:30 Uhr kamen Frau Tipitip und Frau Keks zu uns nach Hause. Ich war nervös. Wirklich nervös. Nicht wegen der Gespräche, sondern wegen allem drumherum. Ist das Haus gut genug? Reicht der Garten? Wir hatten uns so viel Mühe gegeben, ein Zuhause zu schaffen, das Wärme ausstrahlt, Sicherheit und Geborgenheit. Aber plötzlich stellt man alles infrage.
Es fühlt sich an wie ein stilles Hoffen: Sehen sie, was wir wirklich zu geben haben?
Dann, am 22. März 2024, trafen wir uns im großen Konferenzraum, ein Raum voller Papier, Protokolle und doch auch voller Menschlichkeit.
Am 19. April 2024 waren sie wieder bei uns, und schließlich am 2. Mai 2024 noch einmal im Dienstgebäude.
Mit jedem Termin wurde es etwas vertrauter. Und gleichzeitig ging es tiefer.
Ein zentraler Teil des Prüfverfahrens war unsere eigene Kindheit.
Und da wurde es schwer.
Ich war acht Jahre alt, als ich in ein Kinderhaus kam.
Meine Kindheit, wenn ich das Wort überhaupt verwenden darf, war keine Kindheit im klassischen Sinn.
Sie war geprägt von Gewalt, von Angst, von Hunger. Ich erinnere mich an Nächte, in denen ich mit leerem Magen eingeschlafen bin. An Tage, an denen ich meine jüngeren Geschwister auf dem Arm hatte, um sie zu trösten, zu schützen, weil sonst niemand da war.
Ich war selbst noch ein Kind und doch schon so viel mehr.
Dass wir alle gemeinsam ins Kinderhaus kamen, war unser Glück im Unglück. Dort begann eine neue Zeit.Eine Haltestelle auf der Zugfahrt des Lebens!
Und doch, in den Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen wurde alles wieder lebendig.
Man holt Dinge hervor, die man jahrelang sorgsam eingepackt und weggeschlossen hat.
Und trotzdem wusste ich: Es ist richtig so.
Denn nur wenn ich bereit bin, ehrlich in meine eigene Geschichte zu schauen, kann ich auch einem Kind mit schwerem Gepäck begegnen.
Ohne Angst. Ohne Urteil. Nur mit offenem Herzen.
Was mich besonders berührt hat:
Mit den beiden Mitarbeiterinnen verloren wir sehr schnell das klassische, oft etwas steife Bild vom „Jugendamt“.
Da saßen keine distanzierten Behördenmenschen vor uns, sondern echte Menschen mit Herz, Verstand und Humor.
Wir fühlten uns gesehen. Und vor allem: angenommen.
Auch als gleichgeschlechtliches Paar. Es war nie Thema, im besten Sinne. Kein Stirnrunzeln, keine Vorbehalte. Nur echtes Interesse daran, wer wir sind und was wir einem Kind bieten können.
Trotz der Schwere der Themen gab es da auch eine ganz andere Seite:
Die Treffen, so ernst sie auch waren, machten uns überraschend viel Freude.
Es entstand eine echte, menschliche Verbindung. Ihre Offenheit, ihr Humor, ihr ehrliches Zuhören führten dazu, dass wir uns jedes Mal wieder freuten, sie zu sehen.
Ja, wir wurden geprüft, aber niemals bewertet im negativen Sinne. Wir wurden begleitet. Und das mit einer Wärme, die bis heute nachwirkt.
Ich habe in dieser Phase viel geweint. Aber nicht nur vor Schmerz sondern auch vor Erleichterung.
Weil ich gespürt habe: Ich trage nicht nur Wunden. Ich trage auch Stärke.
Und vielleicht ist es genau das, was ein Pflegekind braucht: Jemanden, der das Dunkel kennt und trotzdem das Licht nicht vergessen hat.

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